«Wie viele Schulden kann sich ein Staat leisten?»
Konjunktur
Die Frage, wie viele Schulden tragbar sind, gewinnt spätestens in Zeiten steigender Zinsen an Bedeutung. Ein Blick auf verschiedene Länder zeigt deutliche Unterschiede im Umgang mit Schulden.
Deutschland und die Schweiz setzen auf Haushaltsdisziplin durch eine Schuldenbremse. Portugal, einst für seine hohe Verschuldung als einer der PIIGS-Staaten gebrandmarkt, hat seine Schuldenquote zuletzt deutlich gesenkt. Der IWF erwartet zudem eine weitere Verbesserung. Im Gegensatz bleibt in den USA und Frankreich die Verschuldung hoch, dies ohne Aussicht auf eine schnelle Besserung. Ziel ist es, durch hohe nominelle Wachstumsraten (höher als die Schuldverzinsung) die Schuldrelation (Staatsverschuldung zum BIP) zu verringern, was einfacher zu verkaufen ist als Steuererhöhungen oder Sparmassnahmen, oft aber nicht gelingt. In Japan konsolidiert die Schuldenquote auf einem rekordhohen Niveau, wobei die Bank of Japan (BoJ) mittlerweile über 50% der ausstehenden Staatspapiere hält. Wir versuchen nachstehend einige Auswirkungen der relativen Schuldenhöhe auf die unterschiedlichen Anlageklassen herauszuarbeiten.
Obligationen
Die Renditen 10-jähriger Anleihen steigen insbesondere dann, wenn sich die Schuldnerqualität verschlechtert oder die Inflation zunimmt, da die Geldgeber in solchen Fällen eine höhere Entschädigung einfordern.

Die Verschlechterung der Bonität lässt sich am besten an der Renditeentwicklung von Portugal erkennen. Als während der Finanz- und Eurokrise die Schuldenquote von etwas über 70% auf über 130% anstieg,
verteuerte sich die Schuldenaufnahme exorbitant. Vor der Finanzkrise musste der portugiesische Staat praktisch gleichviel wie Deutschland bezahlen. Ende 2011 war dann ein Aufschlag von 11% fällig. Erst durch Eingriffe der Europäischen Zentralbank (EZB) verringerten sich die Kosten wieder. Dank der Schuldenreduktion und der positiven Aussichten zahlt Portugal mittlerweile sogar weniger Zinsen als Frankreich. Jüngst stiegen die Renditen in den USA an und Marktbeobachter machen neben einer anhaltend erhöhten Inflation auch die wachsende Staatsverschuldung verantwortlich. Auch wenn die Verschuldungsquote zur Jahrtausendwende noch deutlich tiefer lag, zwangen die steigenden Zinsen damals die Clinton-Administration, sparsamer mit den Steuereinnahmen umzugehen. Dies führte zu einem Haushaltsüberschuss, was ein einmaliges Ereignis in den letzten 30 Jahren der US Fiskalpolitik war. Die Schweiz profitiert dank tiefer Inflation und Verschuldung von sehr tiefen Refinanzierungskosten. Das hoch verschuldete Japan profitiert davon, dass sie sich praktisch vollständig aus dem Inland heraus refinanzieren können, zum grössten Teil durch die BoJ, den Rest über japanische Banken und Treuhandfonds. Nachdem die Inflation erstmals seit zwei Jahrzenten wieder angestiegen ist, wurde aber auch Japan dazu gezwungen, höhere Kapitalmarktzinsen zu bezahlen, auch wenn die 10-jährigen Renditen immer noch unter der Inflationsrate liegen. Um der Teuerung Herr zu werden, wurden im Januar die Leitzinsen auf 0.5% erhöht, den höchsten Stand seit der Finanzkrise. Bei hohen Schuldenständen und steigenden Refinanzierungskosten ist die weltweite Gefahr von weiter ausufernden Staatsfinanzen aber gegeben. Während der Finanz-, Euro- und Coronakrise hatten die Interventionen der Notenbanken die Märkte jeweils beruhigt.
Währungen
Die Finanzkrise 2008 – 2009 überstand der Finanzsektor in Japan weitgehend unbeschadet. Der JPY wertete in dieser Phase gegenüber dem USD auf. Als dann Japan in eine Rezession rutschte, legte die Regierung ein Konjunkturprogramm auf, das die Schuldenquote erhöhte. Als schliesslich nach der Finanzkrise auch die Euro-Krise bewältigt war, halbierte sich in der Folge der JPY gegenüber dem USD. Gründe sind die durch die Staatsanleihenkäufe der BoJ tiefgehaltenen Zinsen und die expansive Geldpolitik, welche die Kreditaufnahme in JPY förderten, um anderswo ertragreichere Investitionen zu tätigen (Carry Trade). Davon profitierte der japanische Exportsektor, sanken seine Produktionskosten doch gegenüber der ausländischen Konkurrenz. Allerdings könnte diese Abwertung zu Konflikten mit den USA führen, ist es doch der Trump-
Administration ein Dorn im Auge, wenn andere Staaten ihre Währung abwerten. Strafzölle sind bekanntlich ein beliebtes Mittel, um – aus Sicht der US-Regierung – ungerechtfertigte Vorteile anderer zu bekämpfen.

Neben dem JPY wertete seit der Finanzkrise auch der EUR gegenüber dem USD ab. Einzig der CHF war gegenüber dem Greenback fester und insbesondere während der Finanz- und der anschliessenden Euro-Krise besonders gesucht. Bekanntlich reagierte die Schweizerische Nationalbank zwischenzeitlich mit einer EUR-Untergrenze von 1.20, um der Exportindustrie unter die Arme zu greifen. Insgesamt bleibt es aber für die herstellende Industrie im CHF-Währungsraum herausfordernd, mit der starken Heimwährung wettbewerbsfähig zu bleiben.

Aktien
Kann eine hohe Verschuldung auch Einfluss auf die Aktienmärkte haben? Mit Blick auf Portugal zu Zeiten der Euro-Krise kann man dies durchaus bejahen. Sowohl die Gewinne als auch die Aktienkurse brachen in dieser Periode ein. Es dauerte auch eine ganze Weile, bis sich die Verhältnisse wieder stabilisierten. Die Gewinne haben sich mittlerweile auf das Niveau von vor der Finanzkrise erhöht, die Kurse hinken jedoch noch hinterher.
Portugal ist im internationalen Vergleich eine kleine Volkswirtschaft und im PSI 20 Index befinden sich lediglich 20 Aktien, deren Branchenaufteilung sich deutlich vom europäischen Stoxx 600 oder amerikanischen S&P 500 unterscheidet, was Vergleiche erschwert.

Insbesondere die Unternehmen aus den USA haben die Kurse von vor der Finanzkrise längst hinter sich gelassen, getrieben durch den starken Technologie-Sektor. Im Gegensatz zu Europa haben die Kurse jedoch stärker zugelegt als die Gewinne, was inzwischen zu einer stattlichen
Bewertung von US-Werten geführt hat.
Alternative Anlagen
Fazit: Die Antwort auf die Eingangsfrage kann nicht pauschal beantwortet werden. Letztlich hängt es neben den Notenbanken auch vom Vertrauen der Marktteilnehmer ab. Wie kann man sich als Anleger vor den Risiken der zunehmenden Verschuldung vieler grosser Volkswirtschaften schützen?
Eine beliebte Alternative bleibt
die Investition in Gold.
Viele BRICS-Staaten und deren Verbündete diversifizieren ihre Reserven
vermehrt in das Edelmetall und haben ihre Bestände an US- Staatsanleihen deutlich abgebaut. Auch gestützt auf diese Käufe notierte das «gelbe» Metall zuletzt bei über USD 2’800 pro Unze, was einem neuen Allzeithoch entspricht. Als Vorteile einer solchen Anlage werden regelmässig Inflationsschutz und Krisenbeständigkeit hervorgehoben. Sie zeigt dennoch Wertschwankungen auf, und erzielt keine Erträge. Wir halten keine strategische Goldquote, da die Abwägung nach der optimalen Allokation stark variiert. Wir raten unseren Kunden deshalb, die für sie selbst angemessene Quote in einem separaten Portfolio ausserhalb eines Vermögensverwaltungsmandates zu halten. Unsere Berater zeigen gerne mögliche Varianten auf.
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