«Rezession oder
Rezessiönchen?»

Konjunktur

Die Mehrheit der Ökonomen erwartet im ersten Quartal 2023 eine Rezession für Europa und die USA. Kein Konsens herrscht jedoch über die Stärke des Abschwungs, sprich ob es eine Rezession oder nur ein «Rezessiönchen» gibt. Nachfolgende Grafik zeigt die Entwicklung der Einkaufsmanagerindizes (PMI) für die Industrie. Diese Vorlaufindikatoren haben sich von August 2021 bis November 2022 von einem starken Wachstum (Dunkelblau) in den Kontraktionsbereich (Hellrot) abgeschwächt:

Diese Daten sprechen aktuell noch für eine eher milde Abschwächung der Wirtschaft. Kaum Anzeichen einer Schwäche zeigt nach wie vor der US-Arbeitsmarkt. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe und die Arbeitslosenquote befinden sich historisch betrachtet immer noch auf tiefen Niveaus. Diese Daten sind jedoch mit Vorsicht zu geniessen, da sie nur einen Blick in die Vergangenheit zeigen und nicht wie der PMI zu den Vorlaufindikatoren zählen. Vor allem in den USA – wo es kaum Gesetze gibt, die die Kündigung regeln – können sich diese Zahlen bei einem Wirtschaftsabschwung in kürzester Zeit deutlich verschlechtern.
Unser Konjunkturindikator – der seit dem 20. Juli 2022 eine mögliche Rezession anzeigt – ist weiter gesunken und signalisiert mittlerweile eine stärkere Wirtschaftsabkühlung.

Aktien

Die US-Verbraucherpreise waren den zweiten Monat in Folge rückläufig. Die Gesamtinflation fiel von 7.7% auf 7.1% und die Kernteuerung von 6.3% auf 6.0%. Die besseren Inflationsdaten, zusammen mit den Anzeichen einer sich abschwächenden Konjunktur, ebnen der US-Notenbank (Fed) den Weg, das Tempo bei den Zinserhöhungen zu drosseln. Diese Hoffnung war in den vergangenen zwei Monaten der Treiber für die festeren Aktienmärkte. Ob die Erholung so weiterläuft, sehen wir skeptisch, denn eine rezessive Entwicklung geht in der Regel mit einem Gewinneinbruch bei den Unternehmen einher. In einer Rezession gingen die Gewinne der Unternehmen im S&P 500 im Durchschnitt um 20% zurück. Aktuell wird von den Analyst:innen für das vierte Quartal 2022 mit einem Rückgang von 1.6% gerechnet. Wie stark Expert:innen mit ihren Schätzungen daneben liegen können, zeigt folgendes Beispiel: Anfang 2008 wurde für das Jahr 2008 ein Gewinnwachstum von 10 bis 15% erwartet. Es kam jedoch die Finanzkrise dazwischen und die Gewinne brachen von Dezember 2007 bis Juni 2009 um 92% ein.

Sollte es im Jahr 2023 zu einer harten Landung kommen, dürften die Unternehmensgewinne stärker einbrechen als von den Analyst:innen geschätzt.

In diesem Fall wäre es fraglich, ob wir den Boden an den Aktienmärkten bereits gesehen haben. Wie nachfolgender Chart zudem aufzeigt, wurde nach einem Zinsanhebungszyklus das Tief am Aktienmarkt erst erreicht, wenn das Fed die Zinsen wieder zu senken begann:

Auch die Neue Bank Ampel gibt vorerst noch keine Entwarnung, sondern bleibt auf bärisch (Orange) stehen. Aus diesem Grund halten wir an unserer Teilabsicherung der Aktienquote fest.

Obligationen

Wie folgende Grafik zeigt, war die Differenz der Rendite zehnjähriger und
zweijähriger US-Staatsanleihen zuletzt Anfang der 80er Jahre so deutlich
im Minus:

Die US-Zinskurve ist somit stark invers geworden. In der Vergangenheit war dies stets ein guter Indikator für eine bevorstehende Kontraktion der Wirtschaft. Aufgrund der Deutlichkeit des Signals zeigt der Obligationenmarkt mittlerweile somit klar eine Rezession an. Sollte es dazu kommen, würden die Renditen von langfristigen sicheren Staatsanleihen deutlich fallen. Aus diesem Grund haben wir im Berichtsmonat unsere Duration in den Portfolios mittels eines ETFs auf langfristige Staatsanleihen mit bester Bonität erhöht.

Währungen

Der US-Dollar konnte die Hürde bei der Parität gegen den Schweizer Franken nicht nachhaltig durchbrechen. Ganz im Gegenteil, seit Anfang November fiel der USD/CHF von 1.01 auf aktuell knapp 0.93, was einem Verlust von rund 8% entspricht. Mittels unseres Währungsindikators sollen längerfristige Trends erkannt werden. Für schnelle und starke Richtungswechsel ist der Indikator weniger geeignet. Aus diesem Grund kam das Signal für den Richtungswechsel erst am 5. Dezember. Folglich haben wir einen Teil unserer USD-Positionen in den CHF-Mandaten abgesichert und die Absicherung in den USD-Mandaten aufgelöst.

Alternative Anlagen

Die Preisentwicklung der Rohstoffe kann auch als Indikation für den Zustand der Wirtschaft herangezogen werden. Ein steigender Ölpreis z.B. spricht für eine wachsende Wirtschaft, hingegen kann ein stark fallender Ölpreis ein Anzeichen für eine sich abschwächende Konjunkturentwicklung sein. Anfang Juni lag der Rohölpreis (WTI) noch bei über USD 120. Mittlerweile hat er sich um 38% auf USD 75 verbilligt. Trotz Ölembargo gegen Russland hat der Preis weiter nachgegeben. Diese Entwicklung könnte ein weiteres Anzeichen für eine sich abkühlende Wirtschaft sein. Fazit: Rezession oder «Rezessiönchen»? Aus unserer Sicht sprechen die zuvor genannten Indikatoren eher für eine sich stärker abschwächende Wirtschaft.

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