Hinter der Kurve
Konjunktur
Die von der Fed bevorzugte Inflationsmessung (US Personal Consumption Expenditure Core Price) steht bei 5.18% p.a.. Mittlerweile hat die US-Notenbank damit begonnen, die Leitzinsen zu erhöhen. Nicht wenige Marktbeobachter:innen sind der Meinung, dass dies viel zu spät erfolgte. Einige stützen sich dabei auf die Taylor-Regel, welche auf einen US-Ökonomen mit demselben Namen zurückgeht. Er versuchte mit einer Formel zu berechnen, wie hoch der ideale Leitzins liegen sollte, um die gesetzlich festgehaltenen Ziele der Notenbank (stabiles Preisniveau,
hoher Beschäftigungsstand und moderate langfristige Zinsen) bestmöglich zu erreichen. Da der vermeintlich optimale und der effektive Zins derzeit extrem auseinanderklaffen (siehe Chart unten), spricht die Fachwelt davon, dass die Fed sich «behind the curve» befinde – also den bereits gestiegenen Konsumentenpreisen hinterherhinkt, erst recht, da der Effekt von Zinserhöhungen mit einer zeitlichen Verzögerung wirkt. Allerdings ist die Inflation auch auf exogene Schockereignisse zurückzuführen, die nur bedingt durch Zinserhöhungen bekämpft werden können. So kam es – in Zusammenhang mit Lockdowns während
der Coronakrise – zu Unterbrechungen von Lieferketten. Der Krieg in der Ukraine hat zudem die Energie- und Nahrungsmittelpreise erhöht.
Die Markteilnehmer:innen erwarten in den nächsten 12 Monaten im Durchschnitt noch 8 weitere Zinserhöhungen und einen Leitzins von etwa 2.75%. Wie die obige Grafik zeigt, kam es oft nach einer Reihe von Zinsschritten zu einer Rezession (blaue Balken). In einigen Fällen gelang aber auch eine weiche Landung. Unsere Indikatoren zeigen bisher erst eine Wachstumsverlangsamung an. Das Umfeld bleibt aber herausfordernd. Vor kurzem belegte die chinesische Regierung Shanghai
mit einem sehr strikten, coronabedingten Lockdown. Da die Stadt den Hafen mit dem grössten Containerumschlag weltweit beheimatet, deutet das auf keine schnelle Entspannung von Warenlieferungen hin. Auch beim Krieg in der Ukraine ist ein Ende schwer abzusehen.
Obligationen
Für Anleihen war dieses Jahr bisher ein äusserst schlechtes. Nach dem Renditetief von ca. 0.5% im Jahr 2020 infolge der Coronakrise, stiegen die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen zwischenzeitlich auf über 3% an. Die tiefen Zinszahlungen konnten die Kursverluste nur marginal dämpfen. So entstand beim entsprechenden Index eine Performance von mehr als -7% über die vergangenen 12 Monate. Auch Unternehmens- anleihen schnitten schlecht ab. Die Renditeaufschläge für diese Anlageklasse stiegen an, was sich zusätzlich negativ auf die Kursentwicklung auswirkte.
In der Regel eignen sich Obligationen gut zur Diversifikation von Aktienrisiken. Wie der obige Chart zeigt, verläuft deren Kursentwicklung umgekehrt zur Konjunktur (stellvertretend dafür die US-Einkaufsmanager). Nur zuletzt, als der Einkaufsmanagerindex eine Wachstumsverlangsamung anzeigt, sind die Kurse der US-Treasuries weiter gesunken (im Chart ist die Performance invers dargestellt). Dies hängt ebenfalls mit dem deutlichen Inflationsanstieg zusammen. Während 30 Jahren pendelte die Teuerungsrate um die 2%, ehe sie jetzt auf über 5% sprang (siehe erste Grafik). Die in den aktiven PM-Mandaten beigemischten inflationsgeschützten Anleihen halfen, neben der Untergewichtung dieser Anlageklasse, die Verluste etwas einzudämmen.
Aktien
Die stark steigenden Zinsen verunsicherten ausserdem die Aktienanleger:innen. Dies führte zu deutlichen Korrekturen an den Aktienmärkten.
«Die Stimmungsindikatoren sind weiterhin tief, was in der Vergangenheit in der Regel kursstützend wirkte.»
Im März schaltete die Neue Bank Ampel wieder auf hellgrün (von neutral auf leicht bullisch), dies nachdem zuvor die Stimmung am Aktienmarkt extrem negativ war. Eine erste Gegenbewegung war allerdings nur von kurzer Dauer, bevor im Berichtsmonat neue Tiefststände erreicht wurden. Die Stimmungsindikatoren sind weiterhin tief, was in der Vergangenheit in der Regel kursstützend wirkte. Deshalb ist die Ampel auch unverändert.
Währungen
Der USD konnte in den vergangenen Monaten deutlich zulegen. Gemessen am USD Index (berücksichtigt Wechselkurse zu den weltweit wichtigsten Währungen) beträgt der Zuwachs seit Anfang 2021 über 15%. Dies hilft durchaus im Kampf gegen die Inflation. Beim Währungspaar USD/CHF ist die Bewertung des Greenback – gemessen an der relativen Kaufkraftparität – mittlerweile nahe den Rekordwerten. Eine Trendwende ist bisher nicht zu erkennen, weshalb wir weiterhin auf eine Absicherung in unseren Mandaten verzichten.
Alternative Anlagen
Wenn schon Bondanlagen – wie in diesem Jahr – keine negative Korrelation zu Aktien aufweisen, ist es natürlich vorteilhaft, wenn wenigstens die Alternativen Anlagen über solch eine Diversifikations- eigenschaft verfügen. Viele Jahre wurde deshalb der Einsatz von Hedge-Fonds propagiert. Gemessen am globalen Hedge-Fonds Index (HFRX) korreliert die überwiegende Mehrheit dieser Fonds jedoch mit Aktienanlagen.
«Wir setzen schon seit längerer Zeit nicht mehr auf Hedgefonds.»
Zwar lag der Rückschlag dieser Anlagekategorie in diesem Jahr bei «nur» etwas mehr als 3.75%, allerdings ging dadurch der gesamte Ertrag des Vorjahres flöten. Generell bewegten sich die Kurse des Hedge-Fonds Indexes praktisch parallel zum globalen Aktienindex (MSCI World), einfach mit geringeren Ausschlägen, also sozusagen wie eine Aktie mit tiefem Beta. Wir setzen schon seit längerer Zeit nicht mehr auf Hedgefonds, da sie – wie beschrieben – ihren ursprünglichen Sinn nicht erfüllen und zudem oft teuer sind. Wir konnten bei den Alternativen Anlagen dafür insbesondere von unserer Satellitenposition in Rohstoffe profitieren, in welcher wir vorerst investiert bleiben.