«Deutschland der kranke Mann Europas»

Konjunktur

Den Deutschen und Schweizern werden ähnliche Tugenden nachgesagt,
nämlich, dass sie pünktlich, fleissig, ordnungsliebend und sparsam seien. Der Handelsbilanzüberschuss, den die beiden Länder in diesem
Jahrtausend – mit wenigen Ausnahmen – stets erzielten, stellt eine
weitere Parallele dar. Dies ist vor allem auf die im Ausland stark nachgefragten Industriegüter zurückzuführen. Doch seit 2018, also noch vor Corona und der Regierungsübernahme der Ampelkoalition oder dem
russischen Einmarsch in der Ukraine, begann die Produktion der deutschen Industrie zu schwächeln.

Gemessen an den Exporten (jeweils letzte verfügbare Statistik), ist die Schweiz insbesondere stark bei der Herstellung von chemischen und
pharmazeutischen Produkten (über 50%), gefolgt von Maschinen (ca.
13%) und Uhren (ca. 8%). In Deutschland liegen die Exporte von Kraftwagen, Kraftwagenteilen und sonstigen Fahrzeugen (ca. 20%) an der Spitze. Die nachfolgenden Ränge werden von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen (ca. 16%) und Maschinen (ca. 14%) belegt. Diese unterschiedlichen Schwerpunkte können natürlich auch Auswirkungen auf die Absätze haben. Die Schweiz schaffte es beispielsweise auch dank der starken Pharmaindustrie, die Exporte in die USA zu steigern. Mittlerweile sind die Ausfuhren dorthin höher als nach Deutschland. Die deutsche Autoindustrie hingegen hat eine hohe Abhängigkeit von China. Jahrelang sorgte der dortige Markt für hohes Wachstum und sprudelnde Gewinne. Mittlerweile stockt die Nachfrage. Einerseits ist die Konjunkturlage auch im Reich der Mitte nicht sehr rosig und andererseits werden dort mehr E-Autos nachgefragt, bei welchen das Label «Made in Germany» weniger gefragt ist. Die energieintensiven Industrien leiden unter den im Vergleich zu den USA und China hohen Strompreisen, wodurch der Produktionsrückgang in diesem Bereich weit
überdurchschnittlich ausfiel. Negativ wirken sich zudem die höheren Steuern, die übermässige Bürokratie, der Rückstand in der Digitalisierung
und die vernachlässigte Infrastruktur aus. Die Schweiz profitiert hingegen von der stärkeren Binnennachfrage, welche nicht zuletzt dank der geringeren Inflation, den weniger starken Zinsanstiegen, sowie dem höheren Bevölkerungswachstum möglich war. Dennoch, Deutschland bleibt einer der wichtigsten Abnehmer schweizerischer Exportwaren. Der deutsche Einkaufsmanagerindex für das herstellende Gewerbe fiel auf einen neuen Tiefststand von 40.3, was auch für die Schweiz ein beunruhigendes Zeichen ist.

Währungen

Einen Vorteil hat Deutschland gegenüber der Schweiz. Seit der Finanzkrise profitieren die deutschen Exporteure von einer sich abschwächenden Währung, was deren Produktionskosten gegenüber jener der eidgenössischen Konkurrenz verbilligt.

Zwischen 2011 bis Januar 2015 versuchte die Schweizerische Nationalbank (SNB) diesem Wettbewerbsnachteil Einhalt zu gebieten, in dem sie einen Mindestkurs von 1.20 am Markt durchsetzte. Dies verhalf jedoch lediglich zu einem Trendunterbruch. Manch ein Marktbeobachter argumentiert daher auch, dass die starke Währung die Schweizer Exporteure seit jeher zu mehr Innovationen und strukturellen Anpassungen gezwungen hat und diese so generell besser gegen Krisen gewappnet seien. Unser EUR/CHF-Währungsindikator zeigt seit letztem Monat wieder einen sich abschwächenden EUR an, nachdem er erst im März eine zumindest vorübergehende Erholung signalisierte. Wir haben deshalb EUR-Absicherungen in den Portfolios mit Referenzwährung CHF vorgenommen.

Obligationen

Die schwachen Konjunkturdaten haben nun auch die US Nationalbank (Fed) und die europäische Zentralbank (EZB) dazu veranlasst, die Zinsen zu senken. Mit weiteren Zinsschritten wird gerechnet. Dies hat auch dazu geführt, dass erstmals seit 2022 sowohl der USD als auch der EUR wieder eine normale Zinsstrukturkurve aufweisen, sprich die 10-jährigen Staatsanleihen wieder eine höhere Rendite abwerfen als die 2-jährigen. Was einerseits eine Normalisierung darstellt, ist andererseits auch ein typischer Vorlaufindikator einer Rezession.

Aktien

Was klingt besser, 10% Dividendenrendite oder 10% Dividendenwachstum? Jene, die für die Dividendenrendite sind, sollten folgendes bedenken: Eine hohe Dividendenrendite ist oft nur das Resultat von fallenden Aktienkursen, wie das Beispiel der Vorzugsaktien VW in nachfolgendem Chart zeigt.

Solange eine Gesellschaft keine interessanten Investitionsmöglichkeiten sieht, schüttet sie die Gewinne ihren Aktionären aus. Gelder die ausgeschüttet werden, können somit nicht mehr für Investitionen genutzt werden. Dort wo es keine lohnenden Investments gibt, ist natürlich nicht mehr mit Wachstum zu rechnen. Wenn ein Unternehmen nicht wächst, gibt es keinen Grund für steigende Börsenkurse und durch die andauernden Mittelabflüsse aufgrund der Dividenden sinkt der Unternehmenswert sogar. Um beim Beispiel VW zu bleiben, diese erwirtschafteten 2019 einen Gewinn von EUR 27.02 pro Aktie und schütteten EUR 4.86 aus. Im laufenden Jahr wurden EUR 9.06 Dividende bezahlt und die Gewinnschätzungen auf Ende Jahr belaufen sich auf EUR 27.19 pro Aktie. Das Verhältnis der Ausschüttungen zu den Gewinnen nimmt also zu und somit bleiben weniger Mittel für Investitionen übrig. Die Dividendenrendite liegt mittlerweile bei 9.6%. So hohe Dividendenrenditen sind selten nachhaltig und eher Vorboten von Dividendenkürzungen. Mit einem Investment in die Vorzugsaktie VW hätte man in den letzten 5 Jahren unter dem Strich ca. 5% verloren (bei einer automatischen Wiederanlage der Dividende). Im Vergleich dazu legte der Dax (Deutscher Aktien Index) um über 50% zu. Bis Oktober 2022 verlief die Kursentwicklung noch beinahe parallel, bevor der Vergleichsindex zulegte und die VW-Titel ihre Korrektur fortsetzten. Die Dividendenrendite lag damals schon bei ca. 7%. Ein Finanzanalyst beschrieb dies einst so:

«Eine hohe Dividendenrendite ist ein
Zeichen dafür, dass ein Unternehmen
einst grossartig war, es aber nicht
mehr ist».

Natürlich könnte VW den Turnaround schaffen, zuletzt wurden schon einschneidende Sparmassnahmen angekündigt. Wir sind jedoch keine «Bottom-Fisher», die versuchen, Aktien, die auf dem Grund liegen, aufzusammeln. Wir haben die VW Vorzüge schon vor einem Jahr mit einer Verkaufs-Empfehlung versehen und davor war die Aktie über mehrere Jahre mit «Untergewichten» eingeschätzt. Wir bevorzugen Unternehmen mit zukunftsfähigem Dividendenwachstum, womit auch unsere Eingangsfrage beantwortet wäre.

Alternative Anlagen


Wie schon mehrfach berichtet, hat Gold dieses Jahr deutlich an Wert zugelegt. Deshalb legen wir in dieser Ausgabe unser Augenmerk auf Silber. Gold und Silber bewegen sich meist in die gleiche Richtung, wobei Silber in der Regel die grösseren Ausschläge aufweist. Findige Finanzmarktbeobachter haben auch deshalb das Gold/Silber-Ratio aus der Taufe gehoben. Wenn die Relation hoch war, bot dies mehrheitlich gute Einstiegsmöglichkeiten für Silber-Anlagen. Umgekehrt verloren Edelmetalle und insbesondere Silber, wenn dieses Verhältnis tief war.

Ein Blick auf die aktuelle Lage zeigt, dass das Gold/Silber-Verhältnis zwar nicht auf dem Höchststand liegt, sich historisch trotzdem auf einem hohen Niveau befindet. Wer also mehr Dynamik im Portfolio möchte, könnte ein Silberengagement in Betracht ziehen.

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